Mein Geburtsbericht - Eineiige Zwillinge

Eineiige Zwillingsmädchen mit einer Plazenta  -

Meine Schwangerschaft und Geburt

Risikoschwangerschaft, wie oft musste ich das Wort in der Schwangerschaft hören...leider.

Denn hätte ich nicht gewusst, dass es Zwillinge werden, hätte ich nicht mal einen Unterschied zu meiner ersten Schwangerschaft mit einem Kind festgestellt und hätte mir viele Sorgen und Gedanken gar nicht machen müssen.

Denn ich hatte tatsächlich das große Glück einer Traumschwangerschaft. Ich hatte praktisch keine Beschwerden und konnte bis zum Schluss noch kleine Sachen auf dem Bau erledigen und unsere Umzugskartons weitestgehend packen. Denn nach der Geburt ging es für mich und die Mäuse direkt ins neue Haus.

Eineiige Zwillinge, die sich eine Plazenta teilen, das heißt viele zusätzliche Untersuchungen und enger getaktete Vorsorgetermine aus Angst vor dem fetofetalen Transfusionssyndrom.

Jeder zweite Termin fand nicht wie gewohnt bei meiner Frauenärztin, sondern in einer Spezialpraxis statt. Außerdem wurde jedes Mal ein Ultraschall gemacht, was aber auch sehr schön war, da man die Entwicklung der Mäuse sehr intensiv erlebte und ich immer sehr beruhigt war nach den Terminen. Da in unserem Bekanntenkreis ein Jahr vorher auch gerade eineiige Zwillinge mit nur einer Plazenta problemlos auf die Welt gekommen waren, konnte ich mich mit jeder Frage direkt an die Mami wenden, was mir die ganze Schwangerschaft über viele Sorgen nehmen konnte. Sie bestärkte mich auch in meinem Beschluss einer natürlichen Geburt und war mein absolutes Positivbeispiel!


Natürliche Geburt - Ab und an überkamen mich Zweifel


Obwohl ich wirklich absolut überzeugt war, die beiden natürlich auf die Welt zu bringen, kamen einem schon ab und an Zweifel durch die zusätzlichen Vorgespräche, in denen man auf die Risiken hingewiesen wurde, der Tatsache, dass es nicht so viele Ärzte gibt, die diese Geburten begleiten und natürlich auch durch die vielen Meinungen von Familie und Freunden. Aber die Lage der Zwillinge sprach zumindest für meine Entscheidung, das erste Kind lag zum Ende hin in Schädellage. Zusammengefasst hatte ich bis zur 36 SSW eine wundervolle Schwangerschaft und bin total dankbar für die Zeit.

Von allen Fachärzten und auch dem Krankenhaus wurde mir empfohlen, die Geburt in der 37. SSW einzuleiten. Ich fand es sehr komisch auf einmal einen festen Termin in der Hand zu haben, an dem die Zwillinge nun kommen sollten. Doch dazu kam es nicht.



Geburtsbericht eineiige Zwillinge




36. SSW - Plötzlich ins Krankenhaus


Eine Woche vor dem Termin hatte ich einen Routineuntersuchung bei der Frauenärztin und meine Mama sollte zum Aufpassen auf den Großen kommen, da so ein CTG bei Zwillingen schon mal etwas länger dauern konnte. Doch plötzlich konnte ich nicht mehr richtig sehen, hatte starke Einschränkungen im Sichtfeld. Zum Glück war meine Mama schon fast da und konnte meinen Großen übernehmen und mich direkt zu meiner Frauenärztin bringen - bis zur Tür - begleiten durfte einen ja niemand mehr. Dort wurde ich sofort in den Untersuchungsraum gebracht und mein Blutdruck gemessen - viel zu hoch - die Ärztin wollte sofort den Krankenwagen rufen und mich direkt in die Klinik bringen lassen. Da ich mich sonst eigentlich noch gut fühlte, bat ich sie meinen Mann anzurufen. Ich wollte lieber von ihm in die Klinik gebracht werden. Sie gab ihm 15 Minuten, um herzukommen. Dann ging es für uns direkt ins Krankenhaus -bzw. für meinen Mann bis vor die Tür. Zu dem Zeitpunkt galt die Regelung, dass die Väter erst kurz vor der Geburt in den Kreißsaal durften - ich wurde direkt auf die Kreißsaal Station, zu dem Arzt, der die Geburt begleiten sollte, gebracht.

Bis dato wusste ich nicht, dass ich weder meinen Mann vor der Geburt wieder sehen würde, noch, dass ich auch nicht mehr in unser altes Haus zurückkehren würde, noch dass ich auch meinen Sohn (zu dem Zeitpunkt fast zwei Jahre) für fast drei Wochen nicht mehr sehen würde, da aufgrund Corona ausnahmslos niemand mich im Krankenhaus besuchen durfte.

Erstmal wurde ein einstündiges CTG gemacht, bei dem keinerlei Wehentätigkeit zu erkennen war, und Blut abgenommen, dann musste ich lange alleine auf das Gespräch mit dem Arzt warten. Nach endlosen Stunden durfte ich mit dem Arzt sprechen, der mich erstmal etwas beruhigte und ein Ultraschall machte. Den Zwillingen ging es soweit gut und für den hohen Blutdruck bekam ich Medikamente. Dann wurde mir ein Zimmer zugewiesen, ich sollte zur Beobachtung bleiben. Dort wartete schon Judith auf mich. Judith war ebenfalls mit Zwillingen schwanger und musste leider schon ein paar mehr Krankenhauserfahrungen machen.  Wir waren uns auf Anhieb sympathisch und haben seit unserem Kennenlernen bis heute fast täglich Kontakt.

Die nächsten beiden Tage schwankte mein Blutdruck stark und ich bekam wenig Schlaf vor Sorge. Judith und ich versuchten uns beide so gut es geht abzulenken, aber die Aussagen der Ärzte ließen immer viel Interpretationsspielraum zu und im Grunde musste man selbst entscheiden, wie es weitergehen soll - jedenfalls ich. In manchen Momenten konnten Judith und ich uns gut ablenken, in manchen kamen einem einfach die Tränen. Der Arzt überließ mir die Entscheidung weiter zu warten oder einzuleiten. Am nächsten Tag (6 Tage vor geplantem Termin) entschied ich mich für die Einleitung und bekam die erste Tablette. Die folgenden zwei Tage bestanden aus Tabletten, viel Laufen, immer mal wieder Wehen, vielen CTGs und sehr wenig Schlaf. Bei den täglichen Visiten lernte man immer neue Ärzte kennen, einige rieten zum Kaiserschnitt, andere zum Warten. Auf jeden Fall brachte die Einleitung erstmal nicht den gewünschten Erfolg und nach dem nun anstehenden Pausentag sollte ein anderes Einleitungsmittel probiert werden. Ich war nach wie vor von einer natürlichen Geburt überzeugt, mein Mann überließ mir die Entscheidung aus der Ferne und versuchte mir in unseren Telefonaten Mut zuzusprechen. Jedoch schlauchten mich die Nächte mit den Wehen ganz schön, ich bekam sehr starke Wassereinlagerungen, der Blutdruck stieg immer wieder und der Schlafmangel machte sich langsam bemerkbar. Zur Ablenkung bekam ich viele Videos von unserem Sohn und dem Bau und meine Familie kümmerte sich um die Restarbeiten und den Umzug. Im Krankenhaus wurden die Stimmen für einen Kaiserschnitt lauter, ich freute mich währenddessen innerlich über jede noch so kleine Wehe - etwas Zeit wollte ich den Mäusen noch geben und noch überließen die Ärzte mir die Entscheidung.


Die Fruchtblase platzte...


Ich verabschiedete mich von Judith und machte mich auf den Weg zum CTG. Leider hörten meine Wehen vor Aufregung am CTG fast auf und der Muttermund hatte noch nicht ganz die erforderlichen 5cm erreicht, bei denen der Mann auf die Station darf. Ich bekam auf Nachfrage nun auch endlich ein Antibiotikum wegen der geplatzten Fruchtblase und sie boten mir eine PDA an, die ich dankend ablehnte. Ich betonte mehrmals, dass ich der Meinung war, dass die Wehen schon ziemlich denen der der ersten Geburt ähnelten, bekam aber nicht das Ticket in den Kreißsaal, sondern wurde zurück auf das Zimmer geschickt.

15:19 „Krasse Schmerzen, es läuft so viel Wasser und ich bin am Heulen“

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"Die Babys kommen jetzt!"....


Ich weinte nicht vor Schmerzen, die kann ich eigentlich gut verkraften, sondern aus einer Mischung aus Wut und Angst und natürlich hatten mir die drei fast schlaflosen Einleitungsnächte zugesetzt.

Judith versuchte mich mit Entspannungsmusik zu beruhigen und die Wehen mit mir zu veratmen.

Gegen 16:40 klingelte ich nach einer Schwester, die mich alleine zum CTG schickte. Ich konnte zu dem Zeitpunkt kaum mehr laufen und auf dem Weg bot mir eine andere Schwester mitleidig an, mich doch in dem Rollstuhl zu fahren. Vor dem Kreißsaal angekommen, wurde ich an eine andere Schwester übergeben und sagte/ schrie eigentlich nur noch immer wieder: „Das sind Presswehen, rufen Sie meinen Mann an und den Arzt“. Die Hebamme bestand weiterhin auf CTG und führte mich in den Raum. Ich war mittlerweile echt verzweifelt, konnte mich auch einfach nicht mehr hinlegen und versuchte die Schwester so sachlich wie es ging zu überzeugen, doch jetzt endlich mal nach dem Muttermund zu schauen, bevor es ans CTG geht.

Endlich willigte sie ein, ich hatte zu dem Zeitpunkt die Presswehen kaum mehr unter Kontrolle.

Ihre Babys kommen jetzt“ war ihre Antwort. Ich hatte das Gefühl, das sagte sie mehr zu sich selbst als zu mir. „Noch nicht pressen“ ihr nächster Kommentar. Dann riss Sie die Tür auf schrie etwas panisch „Die Zwillingsgeburt, ich brauche hier Hilfe und einen Arzt!“ In dem Moment war ich fast die GEFÜHLT sachlichere und forderte, sie solle sofort meinen Mann und der Arzt anrufen mit dem ich sämtliche Vorgespräche geführt hatte und der auf Zwillingsgeburten mit einer Plazenta spezialisiert war. Dieser war, wie ich wusste zuhause, sollte aber auf jeden Fall meine Geburt begleiten. Eigentlich war klar, dass weder er noch mein Mann es schaffen konnten. Eine Kollegin kam und ich wurde in den Kreißsaal geschoben, ich versuchte ein Pressen zu unterdrücken...

Ein junger Arzt kam dazu und ich bekam endlich das Go zu Pressen. Ich fragte immer wieder, ob Sie meinen Mann erreicht hätten. Ca. 2 Minuten später erblickte Madame Y mit einem Schrei das Licht der Welt. Ich merkte, dass ein wenig Anspannung im Raum fiel und alle versuchten sich etwas zu sortieren. Der Arzt hielt sie mir kurz hin und übergab sie an eine Hebamme. Er fragte, ob ich sie kurz halten möchte, aber ich antwortete: „Nein, wir müssen erst die zweite holen, die darf sich auf gar keinen Fall drehen!“. Von den zahlreichen Vorgesprächen war mir nur im Kopf, dass dieser Moment jetzt sehr kritisch war und meine zweite Maus richtig nachrutschen musste, damit es nicht in einem Notkaiserschnitt endete. Zu dem Zeitpunkt waren wir weiterhin zu viert. Eine Hebamme versuchte Herztöne zu finden, die andere nahm Madame Y dem Arzt ab, schaute sie sich an, wickelte sie in ein Handtuch und legte sie auf die Ablage in Sichtweite. Ich kann nicht mehr sagen, wann wer die Nabelschnur durchgeschnitten hat. Ich muss etwas irritiert geguckt haben, da die Hebamme noch zu mir sagte: „Keine Angst, die kann nicht runterrollen!“. Eine andere Hebamme kam rein und meinte, sie hätte meinen Mann und den Arzt erreicht, der Arzt hatte aber im Gespräch schon den ersten Babyschrei gehört und würde sich nicht mehr auf den Weg machen, aber mein Mann sei sofort losgefahren.

Bitte mehr Wehenmittel...


Ich bekam Wehenmittel über den Tropf. Der Arzt fragte mich, wie es mir ginge, ich weiß noch, dass ich sagte, ich spüre keine Wehen, er soll mehr Mittel geben. Aber es beruhigte mich, dass die Lage von Madame M weiterhin perfekt war und sie einfach ins Becken nachgerutscht war. Auch die Herztöne waren vollkommen in Ordnung. Dann kamen die nächsten Presswehen und Madame M.

Ich war völlig überwältigt und begann an zu Zittern. Wir hatten es geschafft, nach nicht mal 10 Minuten im Kreißsaal. Ich bekam beide Mäuse auf den Arm und alle gratulierten mir und wiederholten immer wieder, es sei geschafft. Ich konnte es irgendwie schwer realisieren. Dann kam auch endlich mein Mann.

Er hatte vom Anruf bis in den Kreißsaal nicht ganz 15 Minuten gebraucht.


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